Auf der Weltreise der Customer Journey – nächster Halt: der Customer Touchpoint. So könnte man das Konzept der Customer Journey wohl beschreiben. Und dort, wo dieses Konzept eher vage bleibt und eine Art Geisteshaltung beschreibt, wird es bei den Customer Touchpoints ganz konkret.
Haltepunkte der Customer Journey
Im letzten Blogbeitrag – ebenso wie in der dazugehörigen Folge unseres Podcasts – haben wir über die Customer Journey gesprochen. Ohne hier noch einmal die Details zu wiederholen, kann man zusammenfassen, dass es sich dabei um eine Art Geisteshaltung handelt. Dabei werden alle Aktivitäten von Kunden im Zusammenhang mit meinem Produkt von der Vorkonsumphase bis zur Konsum- und Nachkonsumphase betrachtet. Durch diese Betrachtungsweise wird es möglich, über die gesamte Kundenreise hinweg, die Kundenerlebnisse konsistent zu halten (Erlebniskonsistenz).
Es sind die Haltepunkte der Kunden, an denen ich Einfluss nehmen kann. Es sind die Customer Touchpoints. Also all jene Berührungspunkte, die der Kunde mit dem Produkt, der Marke oder dem Unternehmen potenziell teilt. Das kann die Empfehlung eines Freundes sein, das Schauen eines TV-Spots, das Wahrnehmen eines Online Banners, das Gespräch mit dem Verkäufer, die Vertragsunterzeichnung, das Auspacken der neuen Schuhe und letztendlich das Schreiben über das neu erworbene Produkt in meinen Social Media Communities.
Alle Customer Touchpoints finden
Soweit so gut. Doch Sie fragen sich jetzt sicher an dieser Stelle: „Aber welche Touchpoints haben denn jetzt meine Kunden mit dem Unternehmen? Und an welchen sollte ich schrauben?“
Und in der Tat verlassen wir nun den „gemütlichen“ Teil. Denn die Customer Touchpoint Analyse bedeutet Arbeit. Also heißt es Ärmel hochkrempeln. Denn entgegen meiner grundsätzlichen Überzeugung in fast allen Lebenslagen gilt im ersten Schritt die Regel: Viel hilft viel!
So versucht man hier möglichst alle Touchpoints zu ermitteln. Hier sind Techniken für divergentes Denken gefragt. Das gute alte Brainstorming kann hier weiterhelfen, wenn Sie Touchpoints erarbeiten wollen. Dabei werden Sie Gefahr laufen, eher die Unternehmens-, als die Kundenbrille aufzusetzen. Nehmen Sie daher konsequent die Kundensicht ein. Personas können hier helfen (vgl. Blogbeitrag oder Podcast).
Natürlich können Sie diese Herausforderung auch im Rahmen einer Marktforschung angehen. Hier sind dann vor allem Techniken der qualitativen Marktforschung wie Tiefeninterviews oder Fokusgruppen gefragt. Hierzu würde ich immer dann raten wenn Sie das Gefühl haben, Ihre Kunden nicht vollständig zu verstehen.
Die richtigen Customer Touchpoints finden
Erst in einem zweiten Schritt geht es darum, die „richtigen“ Touchpoints zu identifizieren. Das sind die Touchpoints, die einen besonders hohen Einfluss auf Ihre Ziele haben. Wobei diese Ziele durchaus je nach Phase unterschiedlich sein können.
Auch das lässt sich in internen Workshops erarbeiten. Doch Vorsicht! Sehr häufig kommt es dabei dazu, dass man die Touchpoints als besonders relevant ansieht, die man auch gut beherrschen kann oder in die man bisher die meiste Arbeit investiert hat. Das wäre falsch. Vor allem weil man so nur die direkt beeinflussbaren Touchpoints (owned oder paid Touchpoints) optimieren würde. Aber auch Touchpoints, wie Weiterempfehlungen (earned Touchpoints) können einen wesentlichen Einfluss auf die Zielerreichung nehmen.
Sie sollten sich aber gegen Pauschalbeurteilungen schützen. So haben z.B. Weiterempfehlungen bei low involvement Produkten wahrscheinlich keinen hohen Einfluss auf das Ziel mehr Kunden zu gewinnen. Auch wenn Marketeers gerne begeistern und Weiterempfehlungen erzeugen wollen.
Der Vollständigkeit halber möchte ich auch noch auf Möglichkeiten der quantitativen Marktforschung verweisen. Hier werden z.B. Zielgruppen mit mobilen Bewertungsinstrumenten (Tablet oder Handy) ausgestattet. So kann jeder Kontaktpunkt direkt bewertet werden. Oder aber man nutzt den klassischen Fragebogen und befragt Zielgruppen ex post. Beide Verfahren sind ungleich aufwendiger als interne Workshops und unterliegen ebenfalls Verzerrungen, auf die ich hier nicht näher eingehen werde. Für diese Ansätze spricht natürlich der Umstand, dass Sie hier das Risiko nahezu ausschließen können, dass Sie „am Kunden vorbei“ analysieren.
An Customer Touchpoints zählt Teamwork
Wenn Sie die für Ihr Unternehmen relevanten Customer Touchpoints identifiziert haben, dann geht es an die eigentlich Analyse. In unseren effektweit-Projekten hat es sich bewährt die Frage zu stellen: „Wie könnten wir noch schlechter an diesen Touchpoints werden?“. In unserer Kultur fällt es uns nämlich deutlich leichter negativ zu denken. Das Optimierungspotenzial ergibt sich dann, wenn Sie in einem zweiten Schritt das Negative ins Positive kehren.
Bevor Sie diesen Schritt machen, sollten Sie aber noch einen weiteren Analyseschritt durchführen. Sie sollten sich anschauen, welche Organisationseinheiten überhaupt den relevanten Touchpoint bearbeiten. Denn egal, welches Ziel Sie an dem betrachteten Touchpoint verfolgen, die Erlebniskonsistenz sollte stets gewahrt bleiben.
Achten Sie also darauf, dass Sie abgestimmt agieren. Es bringt Sie nicht weiter, wenn der Vertrieb im Shop versucht, den Kunden über den Preis zu gewinnen, während die ausgehändigten, durch das Marketing erstellten Flyer versuchen, Sie als Premiumanbieter zu platzieren. Dabei spielt es keine Rolle, wer die „Hoheit“ über den Touchpoint besitzt. Es geht darum, einen einheitlichen Ansatz zu verfolgen.
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Über den Autor
Dr. Michael Stiller ist Impulsgeber und Umsetzer für die Themen Strategie, Marketing & Vertrieb. Seit über 20 Jahren berät er Unternehmen zu diesen Themen und scheut sich auch nicht Verantwortung – z.B. als Interim Manager – für die Umsetzung zu übernehmen. Seine Erfahrungen und Wissen teilt er hier und in seinem Podcast.