Die Aufgaben in der Vertriebssteuerung im B2B-Vertrieb haben sich nicht groß geändert: Uns steht eine Gruppe von Verkäufern zur Verfügung, die sich draußen im Feld bewegen soll und idealerweise Abschlüsse bei den richtigen Kunden mit den richtigen Produkten machen sollen. Das passiert dann leider selten so, wie erhofft. Das ist allerdings noch lange kein Grund, die Verkäufer mit steinzeitlichen Methoden an die Leine zu nehmen.
Geplant oder ungeplant – nicht ausgeschöpfte Potenziale sind ein Schaden
Bei der Vertriebssteuerung bin ich auf die Informationen meiner Verkaufsmannschaft angewiesen. Und zwar auf Gedeih und Verderb. Denn was die Verkäuferin oder der Verkäufer macht, wenn sie bzw. er nicht im Büro ist, dass weiß ich ja nicht. Ich erkenne es lediglich an den Verkaufszahlen. Genauer: An den Absatzmengen und realisierten Preisen.
Das kann gut gehen – muss es aber nicht! Denn ich weiß ja nicht, wie diese Kennzahlen zustande gekommen sind. Falls die Zahlen unterhalb meiner Erwartung liegen, weiß ich nicht, woran das liegt. War die Planung zu ambitioniert, sind die Produkte zu schlecht oder mangelt es an Verkaufskompetenz? Falls die Zahlen meine Erwartungen (über-)treffen, weiß ich ebenfalls nicht, woran das liegt. War die Planung zu wenig ambitioniert, könnte ich gar viel mehr erzielen oder hatten meine Verkäufer nur Glück?
Interessanterweise sind Verkaufs- bzw. Vertriebsleiter gerade im zweiten Fall deutlich seltener daran interessiert, diese Fragen zu beantworten. Dabei ist der Schaden in beiden Fällen gleich hoch. Im zweiten Fall habe ich das nur nicht erkannt.
Besuchsberichte – scheinbare Sicherheit in der Vertriebssteuerung
Um diese Herausforderung in den Griff zu bekommen, haben Leiter lange auf das Mittel der Verkaufs- bzw. Besuchsberichte zur Vertriebssteuerung zurückgegriffen. Der Verkäufer soll einfach dokumentieren, wie das Kundengespräch doch bitte so abgelaufen ist. Die Idee: Der Vertriebsleiter bekommt so einen handfesten Eindruck davon, wie wahrscheinlich der Verkaufsabschluss, wie gut der Verkäufer und wie intensiv das Kundenverhältnis ist. Zudem bekommt der Verkäufer zu spüren, dass ihm oder ihr jemand „auf die Finger schaut“.
Ihr Verkaufsteam wird es hassen! Es wird sich kontrolliert fühlen. Klar! Aber glauben Sie ernsthaft, dass es nicht schon vorher den Druck verspürt hat, Verkaufsergebnisse zu liefern? Gerade im Verkauf, wo auch ein Großteil des Gehalts erfolgsabhängig ist? Wenn dem nicht der Fall ist, liegt Ihr Problem auch eher im Führungsverhalten.
Zugleich geben Sie Ihrem Team mit der Einführung dieses Steuerungsinstruments auch gleich ein Argument für ausbleibende Leistung: Es wird Ihnen nämlich erzählen, dass es ja gerne mehr verkauft hätte, wenn es nicht immer diese zeitfressenden Berichte ausfüllen müsste. Auch das Einführen von elektronischen und mobilen Hilfsmitteln wird Ihnen hier nicht viel helfen. Denn der Aufwand bleibt mehr oder weniger gleich.
Im Gegenteil. Häufig genug habe ich erlebt, wie mit dem Einführen solcher Instrumente auch (Informations-)Begehrlichkeiten auf höheren Führungsebenen geweckt wurde. Getreu dem Motto: „Und wenn er schon dabei ist, soll er doch bitte auch einen Vermerk machen, ob der Kunde gerne Golf spielt, welche Krawattenfarbe er bevorzugt und wie der zweite Vorname seiner Frau ist.“
Im schlimmsten Fall wird das dazu führen, dass Ihre Verkäufer irgendetwas in die Berichte schreiben. Und zwar solange, bis sie herausgefunden haben, dass diese Berichte überhaupt nicht gelesen werden. Denn seien wir mal ehrlich: haben Sie wirklich die Zeit, alle Berichte Ihrer Verkäufer zu lesen? Und nochmal Hand auf’s Herz: Was bringen denn dann eigentlich Besuchsberichte? Ihnen eine Form von gefühlter Sicherheit (die keine ist) und dem Verkäufer mehr Aufwand. Keine besonders positive Bilanz!
Das Taskboard als modernes Element der Vertriebssteuerung
Natürlich hat die Vertriebssteuerung trotzdem ihren Sinn. Dabei würden mich immer folgende Fragen beschäftigen:
- Mit wie vielen und mit welchen Kunden sind wir gerade im Gespräch?
- Wie wahrscheinlich ist ein Abschluss?
- Gibt es Hindernisse oder Hürden, bei denen die KollegINen oder ich helfen können?
- Warum fällt es bei einigen Kunden leichter als bei anderen, zum Abschluss zu kommen? Was können wir für die zukünftige Kundenansprache und das Gespräch daraus lernen?
- Und natürlich interessiert mich auch noch: Welches Umsatzvolumen mit welchen Margen haben wir zu erwarten?
Für ein hartes und strukturiertes Berichtswesen (z.B. SalesForce oder MS Dynamics o.ä.) bietet sich m.E. fast nur a) und e) an. Denn hier geht um den ganz klassischen SalesFunnel (vgl. Blogartikel). Ein Planungs- und Steuerungsinstrument, das ich unerlässlich finde.
Die anderen Punkte hingegen sind eher „weich“. Sie sollten dialogisch erarbeitet werden. Denn nur so, wird der Mehrwert für den Leitenden wie für den Verkaufenden auch klar. Der Leitende bekommt einen Einblick in die Herausforderungen des Verkaufs und der Verkaufende bekommt im direkten Dialog Denkanstöße und Impulse, wie er diese Herausforderungen meistern kann.
Um diese Gespräche strukturiert zu führen, empfehle ich Ihnen, sich der Elemente des Scrum zu bedienen. Zum einen haben Sie hier das Taskboard. Malen Sie dafür Buckets (die Spalten) auf, wie Sie sie auch im SalesFunnel nutzen. Die Namen der Kunden schreiben Sie nun auf Post-Its (oder auch auf Kacheln, sofern Sie MS Planner, Trello o.ä. nutzen) und kleben Sie diese zur jeweiligen Vertriebsphase. Nun wird einmal in der Woche besprochen, wo es Bewegungen gegeben hat und wo Hürden aufgetaucht sind. Alles kurz und knapp. Idealerweise machen Sie das sogar im Team, damit alle den gleichen Informationsstand haben. So stellen Sie auch den Austausch sicher und schaffen nebenbei auch noch eine gewisse Wettbewerbssituation.

Also verzichten Sie auf Besuchsberichte & Co und kommen Sie wieder mit Ihren Verkäuferinnen und Verkäufer ins Gespräch. Auch im Vertrieb wird es Zeit für agile Methoden!
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Über den Autor
Dr. Michael Stiller ist Impulsgeber und Umsetzer für die Themen Strategie, Marketing & Vertrieb. Seit über 20 Jahren berät er Unternehmen zu diesen Themen und scheut sich auch nicht Verantwortung – z.B. als Interim Manager – für die Umsetzung zu übernehmen. Seine Erfahrungen und Wissen teilt er im effektweit Blog „DenkBar – Impulse zu Strategie, Marketing & Vertrieb“ und in seinem Podcast „Aus dem Maschinenraum für Marketing & Vertrieb“.