„Münchner Stadtwerke bestrafen Stromsparer“ ist eine Headline der Süddeutschen Online (SZonline). Hintergrund der Kritik: SWM senkte zwar den Arbeitspreis, hat aber den Grundpreis angehoben. Das ist nicht unüblich in der Branche, zumal wohl auch der Grundpreis der Netzentgelte angehoben wurde. Neu ist die Reaktion in der Presse.
Befeuert wird diese Kritik auch noch von der kommunalen Politik. Natürlich hat dies auch etwas skurriles. Die Stadtwerke sollen zwar in neue Energie investieren, die Netze ausbauen und Arbeitsplätze sichern, aber gleichzeitig so wenig wie möglich an ihren Produkten verdienen. Das kann man werten wie man möchte – aber es ist real. Und somit müssen sich kommunale Versorger auch solcher Kritik stellen. Eine gängige Strategie war hierbei bisher aussitzen und auf Verständnis hoffen. Ich glaube nicht, dass das noch lange gut gehen kann. Denn der Wettbewerb wartet nur auf solche Situationen. Aber es hat sich auch etwas geändert: Die Kritik richtet sich nicht gegen die absolute Höhe des Preises sondern explizit gegen die Preisgestaltung. Aus meiner Sicht Anlass genug, die aktuelle Preisgestaltung zu hinterfragen. Und das gilt nicht nur für die Stadtwerke München.
Zum einen steht die Frage der Verteilung des finanziellen Risikos im Raum. Natürlich ist es sehr komfortabel, die entstehenden Bereitstellungskosten sowohl in Form als auch in Höhe 1:1 dem Kunden in Rechnung zu stellen. Das finanzielle Risiko geht damit vollständig auf den Konsumenten über. Allerdings ist das für den Konsumenten nicht nachvollziehbar und damit auch nicht verständlich. So hat er zwar gelernt, dass es einen Grundpreis gibt, allerdings ist ihm nicht klar, welche Leistungen dahinter stehen. Dieses Problem verschärft sich noch, da auch andere Branchen von diesem Modell Abstand nehmen bzw. es besser vermarkten. So gibt es den Grundpreis z.B. auch in der Telekommunikation noch, doch dort ist er mit klaren Leistungen wie z.B. Freiminuten oder ähnlichem verbunden. So scheint es, als ob sich auch Energieversorger langsam Gedanken über die Zahlungsbereitschaft ihrer Kunden machen müssen. Und diese ist – naturgemäß – geringer, wenn nicht klar ist, wofür man zahlt. Damit geht ein Paradigmenwechsel einher: Nicht mehr die Sicht von innen nach außen, die einem eine risikofreie Kalkulationsgrundlage sichert, sondern der Blick aus der Kundensicht – also von außen nach innen – zählt.
Zum anderen geht es auch um das Einlösen von Markenversprechen. Da viele Energieversorger sich ganz bewusst als „Kümmerer“ in allen Themen der Energieeffizienz positionieren, erwartet der Kunde natürlich auch, dass dieses Versprechen eingelöst wird. Wie man am Beispiel München sehr schön sehen kann, kommt es dabei nicht nur darauf an, dass es einzelne Bestandteile der Leistungserbringung gibt, die dieses Versprechen einlösen. Der Kunde erwartet, dass dieses Versprechen vollumfänglich erfüllt wird. Alles andere mahnt er ab. So wird offensichtlich, dass Tarife und Leistungen nicht nur lose beieinander stehen dürfen. Sie müssen ein konsistentes, logisch gut strukturiertes Portfolio bilden. Diese Portfolio muss in Gänze die gegebenen Markenversprechen einlösen und es muss die Zahlungsbereitschaften der Kunden berücksichtigen. Dabei müssen Preis und Leistung in ein sinnvolles Verhältnis gesetzt werden. Dem Kunden müssen Referenzpunkte gegeben werden, an denen er die Preise messen und bewerten kann. Genau das ist mit Preispositionierung gemeint. Das Bild, das der Kunde hierbei erhält, sollte stets konsistent zum Gesamtbild der Marke sein. So lassen sich Kritiken wie in München vermeiden.
Haben Sie sich Ihr Produktportfolio schon einmal unter diesen Aspekten genauer angeschaut?