Mit einer geringen zweistelligen Investition, eine beachtliche dreistellige Summe sparen – garantiert. Und das Beste, man wird persönlich beraten und muss sich um nichts kümmern. Doch wohin führt ein solch aggressiver Wechselservice wie Verivox-Prime und wie sollten die Energieversorger darauf reagieren?

Wem gehört der Kunde? – Verivox unterwandert Markenloyalität

Der Deal zwischen den Energieversorgern und Vergleichsportalen ist klar geregelt. Für die Empfehlung eines günstigeren Tarifs, erhält das Portal bei Vertragsabschluss eine Provision und das Versorgungsunternehmen einen neuen Kunden. Alle sind zufrieden, sollte man meinen. Doch die Zufriedenheit der Konsumenten, Vergleichsportale und Energieversorger unterliegt einem unterschiedlichen Timing. Die Zufriedenheit der Kunden und der Portale stellt sich durch Kostenersparnis, Wechselanreiz und Provision sofort nach Vertragsabschluss ein. Anders sieht das bei den Versorgungsunternehmen aus. Die ersten 1-2 Jahre verdient das EVU kaum an dem Neukunden. Erst ab dem 3.-4. Jahr rechnet sich in der Regel die Investition von Provision, Bonus, Prämie und anderen Anreizen.

Verivox-Prime motiviert seine Mitglieder jedes Jahr dazu den Anbieter zu wechseln. Das hat zur Folge, dass die Strategie zur Neukundengewinnung vieler Versorgungsunternehmen unterwandert wird. Denn bevor das Unternehmen beginnt mit dem neugewonnenen Kunden Geld zu verdienen, ist dieser schon längst zur Konkurrenz gewechselt. Dem Vergleichsportal bleibt er jedoch oft treu. Spätestens jetzt wird die Frage laut – „Wem gehört eigentlich der Kunde?“ Kein Wunder, dass ein Großteil der Branche verärgert reagiert. Denn dieser Effekt stellt grundsätzlich die Kooperation von Energieversorgern und Vergleichsportalen in Frage. Nicht zuletzt gefährdet Verivox mit seinem Prime-Angebot auch das eigene Geschäftsmodell. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund, warum andere Vergleichsportale wie Check24 bereits Abstand von einem vergleichbaren Service nehmen. Man sollte halt die Hand nicht beißen, die einen füttert. Doch wie können die Energieversorger solchen Konzepten bzw. Vorstößen prinzipiell begegnen?

Starke EVU-Marke – Up-Selling Potenziale durch Markenloyalität entfalten

Verivox-Prime schürt als Wechselservice den aggresiven Preiskampf der Versorger. Die Markenloyalität gegenüber dem Versorger wird dabei massiv bedroht. Denn dieses Szenario führt dazu, dass die Verivox-Mitglieder im Durchschnitt alle 1-2 Jahre das EVU wechseln. Damit ändert sich auch die Idee von Markenloyalität. Der Kunde ist nicht mehr der Marke des Versorgers gegenüber loyal. Seine Loyalität gehört jetzt dem Vergleichsportal. Diese Schieflage der Kooperation wird zudem systematisch verstärkt. Dies geschieht u.a. durch die bewusste Gestaltung der Kundenkommunikation durch Verivox und des Wechselprozesses. Vergleichsportale nutzen jede Kommunikation mit dem Kunden, um ihre Marke zu platzieren. Oftmals bleibt die Marke des Versorgungsunternehmens dabei stark im Hintergrund oder wird erst in den letzten Schritten offengelegt. Durch den persönlichen Service, der fester Bestandteil des Angebots von Verivox-Prime ist, wird dem Energieversorger sogar der Vorteil der Kundennähe genommen.

Es ist wohl nicht zu erwarten, dass andere Vergleichsportale ähnliche Vorstöße in Zukunft unterlassen werden. Es darf aber auch davon ausgegangen werden, dass die Energiebranche solch plumpe Versuche nicht einfach hinnimmt. Aber was sollen die Versorger in dieser Situation tun? Seid einfach bessere Marken! (vgl. Blogbeitrag). Dieser leidenschaftliche Appell fordert dazu auf, die Marken deutlich stärker mit Mehrwerten für den Kunden aufzuladen. Des Weiteren bietet er konkrete Lösungsansätze für die erörterte Problematik. Denn der Frage – „Wem gehört der Kunde?“ – schließt sich unmittelbar die mehr als berechtigte Frage an – „Wer schafft hier den Mehrwert?“

Der von den EVU geschaffene Mehrwert liegt weit über denen der beschriebenen Wechselanreize. Es sind Werte wie Lebensqualität, Sicherheit und die Bereitstellung vieler individueller Annehmlichkeiten. Dies stellt ein täglich gehaltenes Nutzenversprechen der Versorger dar. Die damit verbundene Markenloyalität, darf nicht für ein Linsengericht an die Vergleichsportale verschleudert werden . Denn die Margen müssen in einem solchen Modell zwangsläufig gegen null tendieren. Hinzu kommt noch, dass diese Tatsache mit einer hohen Fluktuation im Kundenstamm verbunden sein wird. Hoffnung auf Margenkompensation durch Upsellings z.B. von Non-Commodity-Produkten wird so bereits im Keim erstickt. Denn diese Hoffnung wird sich nur für den realisieren, der durch eine starke Marke kontinuierlich die Markenloyalität seiner Kunden fördert. Mit oder ohne Verivox und Konsorten.

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