Die Preise auf den Beschaffungsmärkten sind auf historischen Tiefständen und auch die Vermarktungspreise fallen – und lassen einen neuen Preiskampf beginnen. Beim Großkundengeschäft werden Margen bereits im 1.000stel Cent je kWh Bereich kalkuliert und auch im Privatkundenbereich nimmt der Druck auf die Margen weiter zu. Doch womit soll dann Geld verdient werden?

Kleinere Kundensegmente – kleinteiligerer Vertrieb

Strom und Gas zu verkaufen, ist das angestammte Geschäft der Energieversorger. Dass dieses Geschäft ein Auslaufmodell ist, ist nicht wirklich eine neue Erkenntnis. Um so überraschender, dass sich bisher nur die wenigsten Energieversorger mit einem umfassenden Ansatz auf diese Entwicklung einstellen. So versucht sich der eine in erneuerbare Energie zu retten (vgl. Blogbeitrag), der andere führt eine App ein (vgl. Blogbeitrag). Dabei wird meist versucht, diese neuen „Produkte“ der breiten Masse anzubieten. Doch das wird nicht gelingen. Denn im Gegensatz zur Commodity, für die bei jedem Menschen – sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich – grundsätzlich ein Bedarf besteht, ist der Bedarf für diese „add-on“ Leistungen nur bei einem Teil der Energienutzer vorhanden – und leider meist nur bei einem kleinem Teil.

Für Marketing und Vertrieb bedeutet das, dass Zielgruppen in deutlich kleinere Segmente unterteilt werden müssen. Diese Segmente müssen gezielt und individuell angesprochen werden. Werbliche Botschaften und Vertriebskanäle müssen auf diese Segmente ausgerichtet werden. Aufgrund der Kleinteiligkeit der Segmente verlieren dadurch auch die bisherigen, auf Massenansprache ausgerichteten Werbe- und Vertriebskanäle an Bedeutung. Vielmehr müssen neue Kanäle aufgebaut werden, mit denen die (potenziellen) Kunden in einem geeignetem Kontext und Umfeld angesprochen werden können. Dabei wird sich auch die Rolle der Commodity ändern: Sie wird vom Profit-Träger zum Tür-Öffner. Denn sie sichert eine existierende Kundenbeziehung und vereinfacht im Rahmen des Up-Selling den Verkauf weiterer, energienaher Leistungen.

Voraussetzungen für eine „neue“ Marktbearbeitung

Doch eines ist auch klar: „Kleinteiliger“ bedeutet auch „mehr“ und „mehr“ bedeutet auch komplexer. Dass Versorger dementsprechend in Quantität und Qualität ihres Marketing- und Vertriebspersonals investieren müssen, ist somit wohl unumgänglich. Allerdings ist dies nur in begrenztem Rahmen möglich, da zusätzliches und besser ausgebildetes Personal – zumindest mittelfristig – zu höheren Personalkosten und weiteren Profit-Schmälerungen führt. Daher wird auch die Art und Weise, wie Marketing und Vertrieb betrieben werden, deutlich effizienter werden müssen. Sicher wird hierzu auch die Professionalisierung bereits genutzter Instrumente beitragen, wie z.B. eine ganzheitliche Markenidentität, konsistente und relevante Werbebotschaften (neudeutsch auch Content-Marketing) oder auch eine faktenbasierte und ganzheitliche Vertriebssteuerung. Der wesentliche Hebel wird aber in der Digitalisierung liegen. (Allerdings sehe ich die Professionalisierung der bestehenden Marketing- und Vertriebskonzeption als notwendige Voraussetzung dafür an, die Digitalisierung erfolgsversprechend nutzen zu können.) Netzwerk- und informationsbasierte Produkte, Automatisierung des Marketings, Bedarfsanalysen auf Basis von „Big-Data“ und das Erschließen neuer, digitaler Kundenkontaktpunkte sind nur einige der Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet.

Dabei sind all diese Möglichkeiten nicht losgelöst vom Kerngeschäft zu betrachten, denn ein bestehendes Kundenverhältnis wird Ihnen auch den Schritt in das digitale Zeitalter erleichtern. Und dafür ist die Commodity auch im Rahmen der „neuen“ Marktbearbeitung noch etwas wert.

Published On: 15. April 2016 / Kategorien: Blog, Marke & Kommunikation, Strategie, Vertrieb / Schlagwörter: , , , , /

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