Die Vorkosten steigen wieder. Da werden es sich nur wenige Energieversorger leisten können, die Preise nicht anzupassen. Zeitgleich haben viele Versorger 2014 massiv auf Langfristverträge umgestellt. Verträge die demnach Ende diesen Jahres auslaufen werden. Nun wird sich also zeigen, ob Sie Ihre Kunden nur gebunden haben oder ob Sie Ihnen verbunden sind.
Bündnisse und Wechselbarrieren
Laut statistischem Bundesamt im Jahr 2014 werden rund 35% aller geschlossenen Ehen in den nächsten 25 Jahren geschieden (vgl. PM Statistisches Bundesamt). Ein Churn von ca. 1,4% pro Jahr. In dem Fall ohne systematischen Einfluss von außen. Einfach weil nur gebunden sein nicht reicht. So ist die Ehe zunächst einmal nichts anderes als ein Langfristvertrag. Und einen solchen Vertrag kann man auch wieder kündigen. Es kommt halt auf die Wechselbarrieren an. Doch wenn der (erwartete) Nutzen dieses Vertrages nicht mehr höher ist, als der Wechsel in ein anderes Bündnis, so steigt die Wahrscheinlichkeit eines Wechsels. In der Ehe kommen neben den eigentlichen Scheidungskosten noch soziale Kosten hinzu. Man muss sich vor Freunden, Verwandten und Hochzeitsgästen rechtfertigen, wenn man sich entscheidet, das Ehebündnis zu lösen.
Nun stellt sich die Frage, wie die Scheidungsquote aussähe, wenn es eine Art Sonderkündigungsrecht gäbe. Etwa wenn sich der BMI des Partners deutlich verschlechtert hat. Oder die Anzahl der Fernsehstunden am Tag deutlich erhöht hat. Sonderscheidungsrecht – mit der Aussicht zu einem schlankeren oder aktiveren Partner zu wechseln. Und nur die wenigsten im Umfeld würden das kritisch betrachten. Im Gegenteil: Die meisten würden sogar anerkennend sagen, dass dies ein sehr vernünftiger Schritt war, den man doch auch selber mal machen sollte. Was glauben Sie, wie sich die Scheidungsrate in so einem Umfeld ändern würde? Denn genau das wäre die Analogie zum Energievertrag. „Aber wo bleibt da die Liebe?“ mögen vielleicht die weniger rational sondern romantisch Veranlagten unter Ihnen fragen.
Verbundenheit stärker als Gebundenheit
Und diejenigen haben Recht. Denn die emotionale Verbundenheit zum Partner ist ein entscheidender Faktor. So bauen sich plötzlich ganz andere Wechselbarrieren auf: Werde ich einen anderen Partner finden, dem ich so vertrauen kann, wie meinem Partner? Bei dem ich mich so geborgen fühle? Deswegen kommt es in Ihrer Kundenbeziehung genauso wie in der Ehe darauf an, dass Sie es schaffen, dass Ihre Kunden Ihnen verbunden sind, wie es in der Ehe (noch mehr in einer festen Beziehung) darauf ankommt, dass Ihr Partner Sie liebt. Denn dann haben Sie es geschafft, Ihre Kunden nicht nur auf einer rationalen Ebene zu binden sondern auch auf einer emotionalen. Ihr Kunde findet Sie einfach gut. In diesem Fall wird er Ihnen kleinere Schwächen verzeihen und auch nicht so stark vom nächstbesten Angebot der Konkurrenz in Versuchung geführt werden.
Nun hingt der Vergleich natürlich an einer Stelle: Ihre Kunden werden Sie nie lieben! Denn zumindest aktuell bieten die meisten Energieversorger low involvement Produkte an. In einem solchen Segment Gefühle wie Liebe, Freude oder ähnliches hervorzurufen halte ich für ein völlig überzogenes, weil unerreichbares Ziel (vgl. auch Blogbeitrag „Unsere Kunden entscheiden emotional!“). Aber Sie können Ihren Kunden ein „gutes Gefühl“ geben, indem Sie ihnen möglichst wenig Widersprüche präsentieren. Indem Sie einen konsistenten Marktauftritt präsentieren – vom Nutzenversprechen der Marke, über dem Leistungsversprechen im Produktflyer bis zur Leistungserfüllung bei der Rechnungslegung.
Wenn Sie dies kontinuierlich und über einen längeren Zeitraum hinbekommen, so werden Ihre Kunden Ihnen gegenüber positive Gefühle aufbauen. Und diese werden deutlich länger anhalten, als nur die 2 Jahre, mit denen Sie Ihre Kunden in einem Vertrag binden können.