Der Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund nimmt stetig zu. Da ist es kein Wunder, dass gerade Vertriebsleiter in Großstädten in dieser Zielgruppe ein hohes Potenzial wittern. Ethno Marketing ist das Stichwort. „Im Grunde brauchen wir doch nur einen Übersetzer…“ ist dabei die Haltung vieler. Für mich ist das aber ein wenig kurz gesprungen.

Beim Ethno Marketing soll eine Zielgruppe mit homogenen ethnischen Eigenschaften angesprochen werden. Eine der größten Zielgruppen bilden hier wohl die Mitbürger mit türkischen Wurzeln. ay yildiz (www.ayyildiz.de), eine Marke von E-Plus, die sich auf genau diese Zielgruppe spezialisiert hat, ist dabei das große Vorbild vieler Vertriebsleiter. Doch warum funktioniert diese Marke und was genau verbirgt sich eigentlich hinter Ethno Marketing? Das Beantworten dieser Fragen zeigt, dass für erfolgreiches Ethno Marketing deutlich mehr notwendig ist, als nur die Werbekampagne zu übersetzen. Es zeigt auch, dass viele der Herausforderungen, die sich für ein erfolgreiches Ethno Marketing ergeben, auch im Kerngeschäft der meisten Energieversorger noch nicht gemeistert wurden.

Wenn man es genau nimmt, ist Ethno Marketing nichts anderes als Zielgruppenmarketing. Die Besonderheit ist hierbei, dass die ausgewählte Zielgruppe leicht über eine gemeinsame Sprache angesprochen werden kann, die sich von der deutschen Sprache unterscheidet. Dadurch, dass sich der Energieversorger also in der Muttersprache der Zielgruppe an eben diese wendet, soll ein Wir-Gefühl entstehen. Der Versorger möchte suggerieren, dass er dieser Zielgruppe besonders nah steht und möchte so einen leichteren Zugang zu dieser Gruppe haben. Vielleicht wird mir ein türkisch stämmiger Mitbürger eher zuhören, wenn ich ihn auf türkisch anspreche. Aber wird er deswegen gleich in mir einen Südländer erkennen? Nein, eher – und völlig zurecht – nicht. Denn um ein echtes Wir-Gefühl zu erzeugen, muss ja nicht nur die Sprache gewechselt werden – es müssen auch die richtigen Themen in der richtigen Tonalität angesprochen werden (Tun Sie das bereits in Ihrer Kernzielgruppe?).

„Ben

[ich bin] Stadtwerke xy“ hört sich selbst auf türkisch nicht besonders türkisch an. Es beginnt also mit der Marke, die entsprechend umgestaltet bzw. neu entwickelt werden muss. Nicht viel authentischer wird es, wenn dann ein deutscher Energievertrag überreicht wird. Auch die Kommunikation mit dem Kunden (Rechnungen, Hotline, Preisanpassung etc.) muss komplett auf die Sprache der gewählten Zielgruppe umgestellt werden. Und nicht zuletzt – in welcher Form wird das angebotene Produkt den Bedürfnissen der Zielgruppe gerecht? So bietet ay yildiz seinen Kunden z.B. eine Flatrate in das türkische Festnetz an. Sicherlich einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren. Einen solchen Mehrwert im Energieverbrauch zu finden – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die gesamte Branche einen solchen Mehrwert für ihre Kunden im Allgemeinen sucht -, ist sicher eine der größten Herausforderungen.

Nun könnte man entgegenhalten, dass wenn man Strom in den Kernmarkt verkaufen kann, ohne diese Herausforderungen gemeistert zu haben, es ja auch nicht schaden kann, wenn man genau so in die ethnische Zielgruppe verkauft – aber halt nur in der jeweiligen Muttersprache. Eine Einstellung, die ich sogar gut nachvollziehen kann. Allerdings muss man dabei auch bedenken, dass man mit Ethno Marketing in eine Zielgruppe hineinverkauft, die in aller Regel durch ein hervorragendes soziales Netzwerk verknüpft ist. Und genau hier liegt sowohl die Chance als auch das Risiko. Wenn es nämlich nicht gelingt, authentisch in dieser Zielgruppe aufzutreten, sich vielleicht sogar das Gefühl ergibt, man möchte sich diese Zielgruppe durch einen „sprachlichen Kniff erschleichen“, dann wird sich das schnell herumsprechen und die entsprechende Marke wird für diese Zielgruppe „verbrannt“ sein. Wenn es aber gelingt, authentisch und mit Mehrwerten Teile dieser Zielgruppe zu erschließen, dann werden sehr schnell hohe Weiterempfehlungsquoten zu einem Durchdringen dieser Zielgruppe führen.

Aber genau das gleiche gilt auch für gut definierte Zielgruppen im Kernmarkt!

Published On: 21. Februar 2015 / Kategorien: Blog, Vertrieb / Schlagwörter: , , , , /

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