Dekarbonisierung, Dezentralisierung, Digitalisierung – und das alles bei sinkenden Margen im Stammgeschäft. Dass die Branche ihre strategische Ausrichtung überdenken muss ist klar. Dabei führen sicher viele Wege nach Rom. Aber die große Frage scheint zu sein: Wo liegt Rom?

Viele Unbekannte in der strategischen Ausrichtung

Das Reduzieren des CO2 Ausstoßes und ist weiterhin der Kern des Klimawandels. Industrie und Haushalte sollen dekarbonisiert werden. Das kann nur gelingen, wenn weniger fossile Brennstoffe verbrannt werden. Als Energieträger für dieses Vorhaben kann nur Elektrizität dienen. Für das Erzeugen von Elektrizität kommen also – zumindest in Deutschland – eigentlich nur noch erneuerbare Energien in Frage. Elektrizität lässt sich aktuell aber nun mal nur schlecht speichern. Da macht es natürlich Sinn, diese dort und dann zu erzeugen, wo und wenn sie gebraucht wird. Die Dezentralisierung ist also quasi eine logische Folge.

Aber nicht nur das Erzeugen muss demnach dezentralisiert werden. Auch das Speichern – zumindest beim jetzigen Stand der Entwicklung. So sind zumindest mit aktuellem technischen Stand noch alle Speicherformen mit Energieverlust verbunden. Oder das Speichervolumen ist begrenzt. Oder die Speicher sind noch sehr teuer. Daher macht es auch Sinn, den Verbrauch von Energie effizienter zu steuern. Doch um Erzeugung und Verbrauch effizienter miteinander zu verzahnen, müssen wir die Einflussfaktoren auf beides stärker berücksichtigen. Dabei handelt es sich um ein komplexes Themenfeld. Es umfasst Einflüsse aus der Umwelt, der Wirtschaft und dem Verhalten der Konsumenten. Die hierfür notwendigen Informationen sind gewaltig. Den Umgang mit diesen Informationen ermöglicht uns die Digitalisierung.

Stoßrichtungen in der strategischen Ausrichtung definieren

All das erweitert den Handlungsraum der Energieversorger. Nicht mehr nur noch Erzeugung, Verteilung und Abrechnung sind mögliche Handlungsfelder. Hinzu kommen auch Speicherung, Nutzung und Verbrauchssteuerung von Energie. Zusätzlich stellen die dabei „entstehenden“ Informationen und deren Aufbereitung einen Wert für andere Märkte dar und lassen sich ebenfalls vermarkten. Ebenso kommt hinzu, dass durch die Erweiterung des Handlungsraums neue Wettbewerber in den Markt drängen (vgl. auch VertriebsKlima 4/16, S.2). Diese bedrohen das bestehende Geschäft nicht nur mit inkrementelle sondern zum Teil auch disruptive Innovationen. Kurzum: Die Welt der Energieversorger hat massiv an Komplexität zugenommen und lässt sich von den allermeisten Versorgern nicht mehr vollumfänglich handhaben.

In der Folge muss auch ein strategisches Umdenken erfolgen. Während bisher eine Kernfrage der Strategie lautete „Wollen wir eher Kunden binden oder neue gewinnen?“, gibt es heute diese eher weniger komplexen Fragestellungen nicht mehr. Vielmehr muss zukünftig wieder auf Instrumente wie die Ansoff-Matrix (vgl. Wikipedia) zurückgegriffen werden. Es geht in der Strategie nicht mehr um ein „Fine-Tuning“ dessen, was auch die anderen Versorger machen. Es geht darum, Kernkompetenzen zu entdecken bzw. aufzubauen und sich durch klare strategische Stoßrichtungen zu fokussieren (vgl. Blogbeitrag).

Rom ist also nicht mehr gleich Rom. Innerhalb der Branche muss und wird eine Diversifizierung stattfinden. Diese Veränderung bereitet vielen Unbehagen. Doch sie bietet auch Chancen. Sie müssen sich nur entscheiden, wo Ihr Rom liegen soll. Wenn Sie damit Ihre strategische Stoßrichtung festgelegt haben, werden Sie auch Ihre Kolleginnen und Kollegen mit auf die Reise dahin nehmen können – und hoffentlich damit auch die stetig sinkende Stimmung in der Branche wieder aufhellen.

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