Die Mehrzahl der Produkteinführungen scheitert oft aufgrund mangelnder Markt- und Kundenorientierung. Unternehmen entwickeln Produkte, die nicht den tatsächlichen Bedürfnissen ihrer Zielgruppe entsprechen.
Daher sollten Unternehmen ihre Produktentwicklung konsequent an den Bedürfnissen der Kunden ausrichten. Statt das Produkt in den Mittelpunkt zu stellen, sollte der Entwicklungsprozess auf den Erwartungen und Wünschen der Zielgruppe basieren. Nur so können Produkte entstehen, die von den Konsumenten wahrgenommen werden und ihren Ansprüchen gerecht werden.
Iterativer Ansatz in der Produktentwicklung
Die Produktentwicklung sollte einem iterativen Prozess folgen, um sicherzustellen, dass ein Produkt entwickelt wird, das den Anforderungen des Kunden entspricht. Ganz nach dem Motto „Fail fast“, sollten Ansätze entwickelt, getestet und gegebenenfalls wieder verworfen werden, wenn sie nicht funktionieren.
Das Double-Diamond-Modell
Ein bewährtes Modell, das man zur strukturierten Produktentwicklung nutzen kann, ist das sogenannte „Double-Diamond“. Dieses Modell sieht zwei Phasen in der Produktentwicklung vor: den Problemraum und den Lösungsraum, die jeweils einen divergenten und einen konvergenten Prozess durchlaufen. Daher übrigens auch die Darstellung als Raute beziehungsweise „Diamanten“.
Problemraum: In dieser Phase geht es darum, Kundenbedürfnisse zu verstehen. Unternehmen sollten sich darauf konzentrieren, herauszufinden, was für die Konsumenten von Bedeutung ist und welche Herausforderungen sie haben.
Lösungsraum: Basierend auf den Erkenntnissen des Problemraums werden Ideen gesammelt, die den Bedürfnissen der Konsumenten entsprechen. Nachdem zahlreiche Ideen gesammelt wurden, werden diese konsolidiert, um die realisierbarsten und vielversprechendsten Lösungen zu identifizieren und zu testen.
Wichtige Schritte im Problemraum (erster Diamant)
Um Kundenbedürfnisse besser zu verstehen, werden folgende Schritte durchlaufen:
Personas definieren: Zu Beginn des Produktentwicklungsprozesses werden Personas erstellt. Dabei handelt es sich um fiktive, detaillierte Darstellungen typischer Vertreter der Zielgruppe. Während eine Zielgruppe allgemein demografische Merkmale beschreibt, gehen Personas darüber hinaus: Sie berücksichtigen emotionale und verhaltensbezogene Aspekte, wie Motivationen, Bedürfnisse und Herausforderungen. Dies ermöglicht ein tieferes Verständnisder Zielgruppe und hilft, Produkte zu entwickeln, die deren spezifischen Anforderungen wirklich gerecht werden.
Bedürfnisse identifizieren mithilfe des Value Proposition Canvas: Nachdem die Personas erstellt wurden, geht es darum, im Detail die Bedürfnisse dieser Personas zu identifizieren und einzuordnen. Ein nützliches Tool dafür ist das sogenannte Value Proposition Canvas. Im ersten Schritt des Value Proposition Canvas wird ermittelt, welche (Alltags-)Aufgaben die jeweiligen Personas im betrachteten Anwendungsszenario erfüllen müssen. Im nächsten Schritt wird analysiert, was den Kunden einerseits Freude bereitet und andererseits Frust verursacht, wenn sie diese Aufgaben erledigen.
Konsolidierung und Analyse der Kundenbedürfnisse: Nach dem Identifizieren der Bedürfnisse werden die gesammelten Informationen konsolidiert und analysiert. Der Fokus wird gezielt eingeengt, um die wichtigsten Bedürfnisse und Herausforderungen herauszufiltern, die für die jeweiligen Personas entscheidend sind. Dieser Schritt bildet die Grundlage für die weitere Produktentwicklung und hilft, die zentralen Anforderungen klar zu definieren.
Wichtige Schritte im Lösungsraum (zweiter Diamant)
In dieser Phase des Double Diamond geht es darum, basierend auf den im Problemraum gewonnenen Erkenntnissen, mögliche Lösungen zu entwickeln, zu testen und zu finalisieren. Dazu gehören folgende Schritte:
Ideenfindung mit Kreativtechniken: In der Divergenzphase werden Ideen gesammelt und verschiedene Lösungsansätze entwickelt. Dabei steht nicht die detaillierte Ausarbeitung im Vordergrund, sondern eine möglichst breite Ideengenerierung. Der Fokus liegt dabei auf Ideen, die zum einen die im ersten Diamanten identifizierte Freude steigern bzw. Frusterlebnisse lindern können.
Um „out of the box“-Denken zu fördern und eine Vielzahl an Ideen zu sammeln, werden unterschiedliche Kreativtechniken eingesetzt, wie zum Beispiel:
Brain Swarming: Im Gegensatz zum Brainstorming werden hier Ideen still und strukturiert entwickelt, indem Teilnehmer zunächst unabhängig an verschiedenen Aspekten eines Problems arbeiten.
Dark Horse: Verschiedene (und teils auch extreme) Szenarien werden festgelegt, um innerhalb dieser Szenarien kreative Ideen zu entwickeln.
Wettbewerbsscreening: Der Markt und die Konkurrenz werden analysiert, um Inspiration zu finden und Differenzierungsansätze zu identifizieren.
Morphologischer Kasten: Eine Methode, bei der wichtige Parameter eines Problems und deren verschiedene Ausprägungen in einem Raster systematisch kombiniert werden, um neue Lösungsansätze zu finden.
Konsolidierung in einem Minimum Viable Product (MVP): Nachdem verschiedene Ideen gesammelt und bewertet wurden, erfolgt die Konsolidierung in ein Minimum Viable Product (MVP). Das MVP ist eine erste lebensfähige Version des Produkts, die mit minimalem Aufwand entwickelt wird, aber bereits den wesentlichen Kundennutzen liefert. Es dient dazu, die Machbarkeit und Marktfähigkeit des Produkts zu testen.
Testen des MVP, um Kundenfeedback zu sammeln: Um die Value Proposition des MVP zu validieren und weiterzuentwickeln, ist das Einholen von Kundenfeedback entscheidend. Fokusgruppen, die idealerweise aus Personen bestehen, die die jeweiligen Personas repräsentieren, spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie geben direktes Feedback und zeigen Optimierungspotenziale auf. Der moderierte Austausch fördert unterschiedliche Perspektiven und bringt oft wertvolle Erkenntnisse hervor, die vorher möglicherweise übersehen wurden. Fokusgruppen ermöglichen es zudem, emotionale Reaktionen auf das Produkt zu verstehen und Schwachstellen aufzudecken.
Neben qualitativen Tests erfolgt eine quantitative Überprüfung. Es werden größere Befragungen durchgeführt, um zentrale Annahmen wie die Value Proposition oder bestimmte Hypothesen zu validieren. Dadurch wird geprüft, ob das Produkt nicht nur die Erwartungen einer kleinen Gruppe, sondern auch die der breiteren Zielgruppe erfüllt und am Markt bestehen kann.
Darauffolgende Schritte
Die Produktentwicklung ist keineswegs abgeschlossen. Der Großteil der Arbeit beginnt nun erst. In den nächsten Schritten geht es darum, einen Business Case aufzustellen, das Vertragswerk zu prüfen, das Fulfillment und die verschiedenen Prozesse zu durchleuchten und zu überlegen, wie die Vermarktung des Produkts aussehen soll.