E-Mobilität – der rettende Strohhalm der Branche. Dass man einen solchen Strohhalm braucht, ist mittlerweile (fast) allen klar. Doch im Rahmen des Wandels ist es weiterhin ungewiss, worin dieser Strohhalm besteht. Leider verfallen viele bei der Suche in alte Muster: Sie schauen einfach was die anderen machen – halt wie die Lemminge…

E-Mobilität als neues Geschäftsmodell

Ob Google Alert, Newsletter oder Branchenzeitschriften: E-Mobility ist dabei das Thema in allen Medien der Branche. Die Politik ist dabei das Zugpferd. Denn natürlich wird E-Mobilität (klima-) politisch gewünscht. Ob dies nun sinnvoll ist oder nicht, ist wiederum eine andere Diskussion (wobei ich persönlich auch für sinnvoll halte). Aufhalten lassen wird sich dieser Trend kaum. So hat Großbritannien erst vor kurzem angekündigt den Verkauf von Verbrennungsmotoren in Fahrzeugen ab 2040 zu stoppen (vgl. DIE WELT). Auch andere Länder verfolgen diesen Plan. Und mit Volvo ist auch der erste Autobauer auf diesen Zug aufgesprungen und kündigte an, dass ab 2019 jedes neu vorgestellte Auto einen Elektromotor haben werden.

Und diese neuen E-Autos wollen natürlich auch getankt werden – mit Strom! Was liegt also näher, als das diese Aufgabe vom Stromversorger übernommen wird. Die Kompetenz ist vorhanden. In aller Regel kann die Netzgesellschaft als Schwester oder Tochter die Verkabelung übernehmen. Der Energievertrieb übernimmt die Versorgung. „Wenn einer Steckdosen kann, dann doch wir!“ so der Gedanke vieler Versorger. Shell, Aral und Co. waren gestern. Der Energieversorger ist der neue Mobilitätsgarant.

Was ist das Geschäftsmodell E-Mobilität?

Doch ist das wirklich so? Denn die große Frage muss ja lauten: Worin liegt das Geschäftsmodell bei der E-Mobilität? Laut Kraftfahrt-Bundesamt sind in Deutschland 45,8 Millionen PKW gemeldet (vgl. Jahresbilanz). Davon wiederum sind gerade einmal 34.022 PKW mit Elektromotor gemeldet. Ein Anteil von 0,074 %. Geht man nun von einem Durchschnittsverbrauch von 14 kWh/ 100 km und einer jährlichen Fahrleistung von ca.14.000 km (durchschnittliche Fahrleistung für PKW laut Kraftfahrt-Bundesamt in 2016) aus, kommt man immerhin auf einen Stromverbrauch von 66,68 GWh. Ein schöner Großkunde für die meisten Energieversorger. Das Problem ist nur, dass sich dieser Verbrauch sowohl auf 34.000 Kunden und potenziellen 1.000 Energieversorger verteilt. Zudem unterliegt der erzielbare Strompreis ähnlichen Bedingungen wie beim „normalen“ Commodity-Vertrieb. Sicher, aktuell können Versorger noch ein Bonus erzielen, für die Möglichkeit bundesweit zu tanken. Doch ist Ihr Unternehmen in der Lage, eine solche Möglichkeit zur Verfügung zu stellen, oder müssen auch Sie auf das Angebot eines bundesweiten Anbieters zurückgreifen?

Doch wenn es nicht der Stromverkauf ist, was ist es dann? Direkt vorab: Ich glaube fest daran, dass sich mit Mobilität in der Zukunft Geld verdienen lässt. Genauso fest wie ich daran glaube: Dies geschieht nicht über das Betanken von Autos. Vielmehr muss ein Versorger das Thema in einen größeren Kontext fassen: Wie wird das (regionale) Verkehrskonzept in 20 Jahren aussehen, wie werden die Fahrzeuge fahren und gesteuert, wo werden sie ruhen? Wie wichtig wird ein individueller Zugang zu Einzelkunden und inwieweit wird das Individuum überhaupt eine Rolle spielen?  Und zu guter Letzt muss sich jeder Versorger die Frage stellen: Wenn es nicht nur um die Stromversorgung von Fahrzeugen geht: Welche Rolle kann ich dann spielen und mit welcher Berechtigung werde ich diese Rolle spielen?
Solange Sie diese Fragen nicht speziell für Ihr Unternehmen beantworten können, agieren Sie nach dem Prinzip Hoffnung. Das mag auch ein Ansatz sein. Ich würde dem aber immer einen gut strukturierten und moderierten Strategieprozess vorziehen, bei dem Marktentwicklungen genauso wie eigene Ressourcen und Wettbewerbsverhalten möglichst objektiv hergeleitet und bewertet werden.

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